Die CDU-Spendenaffäre
Die Affäre der Bundespartei | Die Affäre der Hessen-CDU
 
 
Special:

Die CDU-Spendenaffäre

Die Affäre der Bundespartei

Erschienen in DIE WELT am Freitag, 14. Januar 2000

Was mit den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen den früheren CDU-Schatzmeister Walther Leisler Kiep begann, hat nun seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden. Die Bonner Staatsanwaltschaft teilte dem Bundestag am Mittwoch ihre Absicht mit, in der Parteispenden-Affäre gegen Altkanzler Helmut Kohl (CDU) ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Untreue einzuleiten. DIE WELT dokumentiert die Ereignisse der vergangenen Wochen. 

  • 4. November 1999: Das Amtsgericht Augsburg erlässt Haftbefehl gegen Kiep. Er wird verdächtigt, 1991 eine Million Mark erhalten und nicht versteuert zu haben. 

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  • 5. November 1999: Kiep stellt sich der Justiz. Der Haftbefehl wird gegen eine Kaution von 500.000 Mark ausgesetzt. Der als Zeuge geladene Wirtschaftsprüfer Horst Weyrauch sagt aus, die eine Million Mark sei nicht an Kiep, sondern als Parteispende auf ein Treuhandkonto der CDU eingezahlt worden. 

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  • 6. November 1999: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet, der Waffenhändler Karl-Heinz Schreiber habe die Million 1991 in einem Koffer in einem Schweizer Einkaufszentrum in Gegenwart Kieps an Weyrauch übergeben. Grund sei gewesen, dass Kiep bei Panzergeschäften hilfreich gewesen sei. Kiep weist die Vorwürfe zurück. 

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  • 12. November 1999: Der frühere CDU-Generalbevollmächtigte Uwe Lüthje macht erstmals nähere Angaben zum Verbleib der einen Million. Der einstige engste Mitarbeiter Kieps erklärt, das Geld sei 1992 in drei Teilbeträgen an verschiedene Personen verteilt und von diesen versteuert worden. Er selbst habe 370.000 Mark erhalten. 

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  • 21. November 1999: Kohl weist den im Zusammenhang mit der Kiep- Affäre aufgekommenen Verdacht zurück, bei der Lieferung von Spürpanzern an Saudi-Arabien 1991 seien Schmiergelder geflossen. 

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  • 22. November 1999: Die Fraktionen von SPD und Grünen beschließen, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu "Parteispenden und Waffenhandel" zu beantragen. 

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  • 23. November 1999: Das Amtsgericht Augsburg hebt den Haftbefehl gegen Kiep auf. Der dringende Tatverdacht der Steuerhinterziehung bleibt aber bestehen. 

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  • 26. November 1999: Der frühere CDU-Generalsekretär Heiner Geißler gesteht, dass die Partei in der Ära Kohl "schwarze Konten" geführt habe. 

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  • 30. November 1999: Kohl übernimmt die politische Verantwortung für "Fehler" im Finanzbereich der CDU während seiner Amtszeit als Parteichef. Nach einer Krisensitzung des Parteipräsidiums gesteht er ein, dass es zu seiner Amtszeit "getrennte Kontenführung" gab. Den Vorwurf, dass unter ihm politische Entscheidungen käuflich gewesen seien, weist er zurück. 

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  • 3. Dezember 1999: Der Hannoveraner Rechtsanwalt Matthias Waldraff stellt Strafanzeige gegen Kohl. Die Staatsanwaltschaft Bonn beginnt daraufhin und aufgrund der Kohl-Erklärung der Prüfung eines Anfangsverdachts gegen den CDU-Ehrenvorsitzenden. 

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  • 4. Dezember 1999: Die CDU suspendiert Hans Terlinden, Hauptabteilungsverwalter im Konrad-Adenauer-Haus. Der enge Kohl-Vertraute hatte wichtige Unterlagen zur Affäre nicht an den jetzigen CDU-Chef Wolfgang Schäuble sondern an Kohl gegeben. 

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  • 16. Dezember 1999: Kohl gibt in einem Fernsehinterview zu, zwischen 1993 und 1998 rund 1,5 bis zwei Millionen Mark an Spenden für die CDU angenommen zu haben, die in keinem offiziellen Rechenschaftsbericht der Partei vermerkt wurden. Die Namen der Spender will er nicht nennen. Der Untersuchungsausschuss unter Vorsitz des SPD-Abgeordneten Volker Neumann kommt erstmals zusammen. Der Ausschuss soll sich nicht mehr nur mit möglichen Schmiergeldzahlungen bei Waffengeschäften befassen, sondern auch mit dem möglichen Einfluss von Spenden auf den geplanten Verkauf von 114.000 Eisenbahnerwohnungen durch die Kohl-Regierung. 

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  • 18. Dezember 1999: Es wird bekannt, dass wichtige Akten zur Aufklärung der Leuna-Affäre fehlen. Auch da gibt es Schmiergeldvorwürfe gegen die CDU und Kohl. 

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  • 22. Dezember 1999: Neue Krisensitzung des CDU-Präsidiums - Kohl nimmt nicht teil. Das Präsidium fordert den Altkanzler geschlossen auf, die Namen der geheimen Spender zu nennen. CDU-Generalsekretärin Angela Merkel fordert die Partei in einem Aufsehen erregenden Zeitungsartikel auf, sich endlich von Kohl zu lösen. Außerdem wirft sie ihrem Ziehvater vor, "der Partei Schaden zugefügt" zu haben. 

  • CDU-Chef Wolfgang Schäuble hat eingeräumt, 1994 von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber eine Bar-Spende über 100 000 Mark entgegengenommen zu haben, die nicht im Rechenschaftsbericht seiner Partei aufgetaucht ist.
     
  • 29. Dezember 1999: Die Staatsanwaltschaft Bonn teilt dem Bundestag ihren Entschluss mit, ein Ermittlungsverfahren gegen Kohl einzuleiten. Sollte dagegen innerhalb der vorgeschriebenen Frist von 48 Stunden kein Einspruch erfolgen, kann das Verfahren am Freitag beginnen. Ermittelt wird dann wegen des "Anfangsverdachts einer Untreue zum Nachteil der CDU-Bundespartei".

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  • 10. Januar 2000: CDU-Chef Wolfgang Schäuble hat eingeräumt, 1994 von dem Waffenhändler Karlheinz Schreiber eine Bar-Spende über 100 000 Mark entgegengenommen zu haben, die nicht im Rechenschaftsbericht seiner Partei aufgetaucht ist.



Die Affäre der Hessen-CDU

(AOL/dpa) vom 15. Januar 2000

Wiesbaden/Hofheim - Die CDU-Spendenaffäre hat den hessischen Landesverband der Partei voll erfasst. Eine Chronologie des Skandals: 

  • 29. November 1999: "Der Spiegel" zitiert aus alten Rechenschaftsberichten der Partei: Danach sind die "sonstigen Einnahmen" der Hessen-CDU in den Jahren 1989 und 1991 sprunghaft auf Millionenbeträge angestiegen. Die Union erklärt dies mit Vermächtnissen. 

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  • 1. Dezember 1999: Die "Süddeutsche Zeitung" berichtet von Reisen des in die Schlagzeilen geratene Frankfurter CDU-Steuerberaters Horst Weyrauch nach Zürich. Dabei habe Weyrauch auch den hessischen Landesverband als Auftraggeber genannt. Ein Parteisprecher sagt, davon sei dem Landesverband nichts bekannt. 

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  • 6. Dezember 1999: Die "Bild"-Zeitung druckt Weyrauchs Aussagen vor der Augsburger Staatsanwaltschaft ab. Darin gibt Weyrauch häufige Reisen in die Schweiz auch im Auftrag der hessischen CDU zu. 

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  • 8. Dezember 1999: Der hessische CDU-Generalsekretär Herbert Müller bestätigt Weyrauchs Angaben. Seine Partei habe 1989 und 1991 Vermächtnisse aus dem Ausland über zusammen sechs Millionen Mark erhalten, zu deren Abwicklung Weyrauch in die Schweiz gereist sei. Die Vermächtnisgeber hätten auf Anonymität bestanden, der Ex-Schatzmeister Casimir Prinz Wittgenstein vermute sie in Kreisen deutschstämmiger jüdischer Emigranten. Es habe keine Zahlungen außerhalb der Buchführung gegeben. 

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  • 9. Dezember 1999: Nach Hinweisen der Grünen teilt die Frankfurter CDU mit, sie habe ebenfalls zwei anonyme Millionen-Erbschaften über Liechtenstein erhalten. 1991 seien ihr 3,5 Millionen Mark zugeflossen, 1996 waren es nach ersten Angaben 3,1 Millionen Mark, später korrigierte die Partei dies auf 3,5 Millionen Mark. Auch in diesen Fällen sei Weyrauch mit der Abwicklung beauftragt gewesen. 

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  • 15. Dezember 1999: Die CDU korrigiert ihre Angaben: Danach gab es nicht vier, sondern nur drei Vermächtnisse. Eines davon über 5,5 Millionen Mark sei 1991 zwischen Landesverband und Frankfurter CDU aufgeteilt worden. 

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  • 16. Dezember 1999: Ministerpräsident Roland Koch (CDU) kann bei einer Debatte im Landtag den Verdacht der Opposition nicht ausräumen, dass hinter den anonymen Vermächtnissen in Wahrheit illegale Spenden oder gar Gegenleistungen für Gefälligkeiten verborgen seien. Die Grünen erstatten Anzeige wegen des Verdachtes der Steuerhinterziehung und Korruption. Koch verspricht für die Zukunft Transparenz.

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  • 22. Dezember 1999: Der frühere CDU-Schatzmeister Prinz Wittgenstein bestreitet in einem Interview jede Unregelmäßigkeit in der Finanzführung.

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  • 28. Dezember 1999: Die "Süddeutsche Zeitung" zitiert ein Schreiben des Liechtensteiner Rechtsagenten Hans Gassner vom 17. Dezember, den die CDU als Testamentsvollstrecker eines der Vermächtnisse genannt hatte. Er bestreitet die CDU-Angaben. Die Union kündigt daraufhin Aufklärung an. 

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  • 3. Januar 2000: In Wiesbaden wird bekannt, dass Wittgenstein seiner Partei einen 1,5-Millionen-Mark-Kredit gegeben habe, der zunächst nicht im Rechenschaftsbericht auftauchen sollte und bislang auch nicht verzinst wurde. Nach Parteiangaben floss das Geld in den Landtagswahlkampf. 

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  • 5. Januar 2000: Die CDU korrigiert ihre Angaben erneut: Für alle drei Vermächtnisse sei die Liechtensteiner Kanzlei Oswald Bühler zuständig gewesen. Der Parteirechtler Martin Morlok (Fernuniversität Hagen) erklärt, die Union hätte Vermächtnisse aus dem Ausland gar nicht annehmen dürfen. Die Bundestagsverwaltung will den Vorgang nochmals prüfen. 

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  • 10. Januar 2000: Die Wiesbadener Staatsanwaltschaft nimmt Vorermittlungen gegen die hessische CDU auf. Nach Angaben eines Sprechers machen die Umstände der "Vermächtnisse" die Ermittler stutzig. Es werde geprüft, ob dabei Steuern hinterzogen worden seien.

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  • 13. Januar 2000: Nach einem Bericht der "Frankfurter Rundschau" verlangt die Bundestagsverwaltung von der hessischen CDU Nachweise über die Echtheit der Vermächtnisse. Andernfalls wolle sie die gesamten 13 Millionen Mark zurückfordern. Gleichzeitig beantragt die SPD im Bundestag, den hessischen Ministerpräsidenten Koch, Ex-Schatzmeister Wittgenstein und andere CDU-Politiker vor den Berliner Untersuchungsausschuss zu laden.

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  • 14. Januar 2000: Die CDU korrigiert ihre bisherige Darstellung: Vermächtnisse gab es danach nicht. Zugleich gibt die CDU die Existenz eines schwarzen Auslandskontos zu, von dem jahrelang Millionenbeträge an den hessischen Landesverband transferiert worden sind. Noch immer lägen dort 17 Millionen Mark, räumen der frühere Landesvorsitzende Manfred Kanther und der jetzige Landeschef und Ministerpräsident Roland Koch bei einer Pressekonferenz in Hofheim/Taunus ein. Koch habe von den Vorgängen aber nichts gewusst, versichert Kanther.

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  • 15. Januar 2000: Nach dem Skandal wird die Forderung nach einem Rücktritt von CDU-Ministerpräsident Roland Koch und Neuwahlen in Hessen laut.

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