www.lochner-fischer.de (aufgenommen am 18.06.2003)
 Wirtschaft

Münchens Oberbürgermeister Christian Ude auf der Homepage LHSt am 16.6.2003:




Hier schreibt der OB:

"Software: Mauerfall an der Isar"




Mit spektakulären Schlagzeilen berichtete die Presse bundesweit und sogar international über eine Münchner Stadtratsentscheidung vom 28. Mai:

Der Spiegel zitierte in seiner Überschrift einen Branchen-Kenner, der - reichlich übertrieben - das Rathaus-Votum sogar mit dem Fall der Berliner Mauer verglich, der Stern schrieb unter dem Windows-Wortspiel "München macht die Fenster zu - Stadtrats-Entscheidung für Linux mischt die Branche auf". Die Computer-Zeitung titelte: "Linux-Votum bringt Microsoft in Zugzwang" und die renommierte Neue Zürcher Zeitung schrieb: "Wohl kaum je hat die an und für sich routinemäßige Aufrüstung der IT-Infrastruktur einer Stadtverwaltung international so viel Aufmerksamkeit erreicht wie das anstehende Update für rund 14.000 PC der Münchner Stadtverwaltung, die bisher mit Windows NT und Microsoft Office ausgerüstet waren."

Wir hatten uns die Entscheidung wahrlich nicht leicht gemacht. Auf Antrag der SPD-Stadtratsfraktion war schon im vergangenen Jahr zusätzlich zu den Experten unseres Amtes für Informations- und Datenverarbeitung ein externer Gutachter eingeschaltet worden, der nicht nur die Kosten, sondern auch den strategischen Nutzen vergleichen und abwägen sollte. Ende März verhandelte ich persönlich mit Microsoft-Chef Steve Ballmer, dem Nachfolger von Bill Gates.

In der Schlussrunde purzelten plötzlich die Preise und die Zusatzangebote häuften sich. Auch diese Nachbesserungen beider Seiten bis zur Sitzung des zuständigen Statratsausschusses wurden vom Gutachter noch bewertet.

Dann stand mein Antrag fest: Die Stadt München soll sich für Open-Source-Produkte entscheiden, in Zukunft nicht mehr von einem einzigen Hersteller abhängig sein und künftig auch selbst entscheiden können, wann sie in welchem Umfang auf ein neues Betriebs- bzw. Office-System umsteigt. Alle Fraktionen und Gruppierungen mit Ausnahme der CSU sind diesem Vorschlag gefolgt.

Ein wesentliches Ziel, nämlich mehr Marktwirtschaft auf einem bislang monopolartig beherrschten Terrain, haben wir bereits erreicht, wie auch die Neue Zürcher Zeitung anerkennt: "Dass dieser Wettbewerb bereits gespielt hat, belegen die mehrmals nach unten korrigierten Offerten von Microsoft einerseits sowie von IBM und Suse Linux andererseits." Es ist schon so: Konkurrenz belebt das Geschäft!

München ist die erste Großstadt, die diesen Weg beschreitet. Bisher hatte nur das kleine Schwäbisch Hall einen ähnlichen Beschluss gefasst. Wir spielen hier eine gewisse Vorreiterrolle. Doch Fachwelt und internationale Presse sind sicher: Weitere Behörden werden folgen, zahlreiche ziehen jetzt schon einen Wechsel zu Open-Source-Programmen in Erwägung.

Übrigens: Mit "Anti-Amerikanismus", den man unserer Entscheidung auch schon nachsagen wollte, hat dies wahrlich nichts zu tun. In der Pfingstausgabe der Süddeutschen Zeitung erschien im Wirtschaftsteil eine ganzseitige Anzeige (!) mit dem kurzen Text: "Wir gratulieren der Stadt München zur Entscheidung für Open Source. Sun. Open systems for open minds." Das Unternehmen Sun habe ich einmal mit einer Wirtschaftsdelegation besucht. Es hat seinen Sitz in Kalifornien, USA.

Ihr Christian Ude


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