Dokumente aus dem Bayerischer Landtag
Stichwort: Gleichstellungsgesetz

Die zum Protokoll-Auszug gehörenden Drucksachen sind wie andere Anträge und Anfragen über http://www.bayern.landtag.de/ zu erhalten

Bayerischer Landtag Auszug aus Protokoll
  21.01.2003

Bericht

der Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen, Frau Christa Stewens, über die Umsetzung des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern (BayGIG)

B A Y E R I S C H E R    L A N D T A G
Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes
91. Sitzung / Dienstag, 21. Januar 2003, 11.05 bis 12.02 Uhr und von
12.07 bis 13.50 Uhr
- mit Aussprache -

Kein Wortprotokoll
Vom Redner nicht
autorisiert

Vorsitz:       Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU)

Staatsministerin Christa Stewens (Sozialministerium) erinnert daran, dass das Bayerische Gleichstellungsgesetz am 01.07.1996 in Kraft getreten und der erste Bericht zur Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes am 09.12.1999 im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes behandelt worden sei. Der Ministerrat habe dem zweiten Bericht zur Umsetzung des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frauen und Männern am 13.01.2003 zugestimmt.

Es sei kritisiert worden, dass der Bericht zu spät vorgelegt werde. Dem sei entgegenzuhalten, dass das Statistische Landesamt die Daten erst im September bekannt gebe, weshalb es nicht möglich gewesen sei, zum 01.07.2002 einen Gleichstellungsbericht mit aktuellen Daten zu geben. Im Übrigen habe der Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes am 15.10.2002 einen Zwischenbericht erhalten. Das Bayerische Gleichstellungsgesetz sei bis zum 30.06.2006 befristet. Der dritte Bericht werde zum 01.07.2005 vorgelegt, damit genügend Zeit bleibe, eine vertiefte Diskussion über die Gleichstellung von Männern und Frauen zu führen. Daher werde der nächste Gleichstellungsbericht nicht die Personaldaten der Beschäftigten des Freistaates Bayern zum 01.07.2005 enthalten, sondern auf dem Stand des 01.07.2004 sein. Die Daten für den übrigen öffentlichen Dienst würden auf dem Stand 01.07.2003 sein. Der Bericht werde daher vom bisherigen Dreijahresturnus abweichen. Im dritten Bericht werde ein Überblick über die gesamte Laufzeit seit 1996 gegeben werden.

Grundlage des zweiten Berichts zur Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes seien eine Umfrage und die aktuellen Personalstandszahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung sowie des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen. Der Bericht stelle eine grundlegende Bestandsaufnahme über die erreichten Entwicklungen und Veränderungen dar, um die Wirksamkeit des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes überprüfen zu können.

Im Gegensatz zum letzten Bericht habe man diesmal bei der Umfrage drei Fragebögen verwendet, weil die kreisangehörigen Gemeinden extra abgefragt worden seien. So seien in die Umfrage die Dienststellenleitungen der Behörde, die Gerichte, die sonstigen öffentlichen Stellen des Freistaats, der der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts, der Regierungen, der Bezirke, Landkreise und Gemeinden einbezogen worden. Durch die Ausweitung des befragten Kreises seien die Ergebnisse des zweiten Berichts nur eingeschränkt mit denen des ersten Berichts zu vergleichen. Es seien insgesamt 4061 Fragebögen ausgewertet worden. Davon seien 1060 von Dienststellenleitungen, 1468 von staatlichen und kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und Ansprechpartnern und 1533 von kreisangehörigen Gemeinden gewesen. Beim ersten Gleichstellungsbericht seien es nur 821 Fragebögen gewesen.

Der Anteil der Frauen habe sich in der gesamten öffentlichen Verwaltung Bayerns leicht von 51,4 % im Juni 1999 auf 51,7 % im Juni 2001 erhöht. Frauen seien in den höheren Besoldungs- und Vergütungsgruppen noch immer deutlich unterrepräsentiert. Der Anteil der Frauen im höheren Dienst habe jedoch von 28,3 % im Juni 1999 auf 30 % im Juni 2001 zugenommen. Diese Aufwärtsbewegung sei zwar langsam, aber stetig.

Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten sei von 27,2 % im Juni 1999 auf 29,7 % im Juni 2001 gestiegen. Teilzeit werde in zunehmendem Maße zwar auch von Männern genutzt, es handle sich dabei aber meistens um Altersteilzeit. Teilzeitarbeit von Männern stoße nach wie vor auf gesellschaftliche Vorbehalte, die es aufzubrechen gelte.

Der Anteil von Frauen unter den Beschäftigten im öffentlichen Dienst des Freistaats Bayern habe sich von 46,4 % im Juni 1999 auf 47,1 % im Juni 2002 erhöht. Nach Umfrage des Finanzministeriums seien 2002 20,1 % der Führungspositionen von Frauen wahrgenommen worden. Der Anteil der Teilzeitbeschäftigten habe von 23,9 % auf 28,1 % im Juni 2002 zugenommen. Der Frauenanteil in der Ausbildung bei den Beschäftigten der gesamten öffentlichen Verwaltung habe im Juni 2001 bei 63,6 % gelegen, im Juni 1999 bei 62,1 %.

87,5 % der Dienststellen ohne die kreisangehörigen Gemeinden hätten ein flexibles Arbeitszeitmodell. 60 % der Dienststellen berücksichtigten besondere Bedürfnisse der Beschäftigten mit Familienpflichten und der Teilzeitbeschäftigten auch bei Fortbildungsveranstaltungen.

71 % aller Dienststellen berichteten von Maßnahmen, um Beurlaubten die Aufrechterhaltung des Kontakts zum Beruf zu erleichtern. Anträgen auf Wiedereinstellung von Beschäftigten, die aus familiären Gründen aus dem Dienst- oder Arbeitsverhältnis ausgeschieden seien, sei zu 96 % entsprochen worden.

Im Berichtszeitraum habe der Frauenanteil bei Neubesetzungen von Gremien bei insgesamt 36 % gelegen. Die Besetzung von Gremien erfolge häufig funktionsbezogen. Entsprechend dem niedrigen Frauenanteil in Führungspositionen würden Gremien kraft Funktion überwiegend mit Männern besetzt. Eine nachhaltige Erhöhung des Frauenanteils sei von der Erhöhung des Frauenanteils in den entsprechenden Funktionen abhängig. Bei der Besetzung von nicht nur funktionsbezogenen Gremien liege der Frauenanteil bei 43,8 %.

Die Gleichstellungsbeauftragten kämen zu 72 % aus dem gehobenen oder höheren Dienst und seien zu 94 % weiblich. Zu 55 % sei die erste Amtszeit von drei Jahren verlängert worden. 50,7 % der Gleichstellungsbeauftragten hätten Fortbildungen zum Bayerischen Gleichstellungsgesetz besucht, bei den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten seien es 81 %. 61,3 % der Gleichstellungsbeauftragten hätten zueinander Kontakt, und das Bedürfnis zu mehr Kontakt sei relativ groß. 38,7 % hätten keine Kontakte und wünschten sich regelmäßig Kontakte.

Im Berichtszeitraum hätten nur 54 % aller Dienststellen die Funktion einer Gleichstellungsbeauftragten ausgeschrieben, bei den Dienststellen des Freistaats seien es 59 %.

Für eine Wahl hätten sich 17,7 % der Dienststellen und 43,8 % der Gleichstellungsbeauftragten ausgesprochen. Die Mehrheit der Gleichstellungsbeauftragten sei somit gegen eine Wahl und für die Beibehaltung des bisherigen Verfahrens der Ausschreibung und Bestellung.

52,8 % aller Dienststellen hätten Vertretungen der Gleichstellungsbeauftragten geregelt. Es bedürfe aber noch verbesserter Vertretungsregelungen.

75,5 % der Gleichstellungsbeauftragten seien mit der vor Ort gefundenen Freistellungsregelung zufrieden, obwohl nur bei wenigen eine Entlastung von sonstigen dienstlichen Aufgaben erfolgt sei. Eine Entlastung hätten lediglich 20,7 % der Gleichstellungsbeauftragten gemeldet, die Dienststellen zu 30 %.

3,8 % aller Dienststellen und 10,8 % der Dienststellen des Freistaates Bayern beurteilten die Gleichstellungsbeauftragten in Bezug auf die Tätigkeit als Gleichstellungsbeauftragte. Das bedeute, dass diese Tätigkeit in die periodische Beurteilung einbezogen werde. Dies sei nach Auffassung des Finanzministeriums nicht zulässig und dürfe in dieser Form nicht weiter geschehen.

3,2 % der Gleichstellungsbeauftragten hätten angegeben, in unzulässiger Weise in ihrer Weisungsfreiheit eingeschränkt worden zu sein. Im Vergleich zum ersten Bericht seien Gleichstellungsbeauftragte deutlich seltener von den Dienststellen an personellen sowie an organisatorischen und sozialen Maßnahmen nicht beteiligt worden. Das bedeute, dass es immer normaler werde, die Gleichstellungsbeauftragten zu beteiligen.

Das Beanstandungsrecht der Gleichstellungsbeauftragten sei weiterhin sehr wirksam. Insgesamt seien laut Auskunft der Gleichstellungsbeauftragten 17 % der Beanstandungen nicht berücksichtigt worden. Im Vergleichszeitraum des ersten Berichts seien dies 20,2 % gewesen.

Was die Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen betreffe, so hätten 57,7 % Kontakt zu anderen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern. Insgesamt 63 % wünschten sich jedoch einen regelmäßigeren Kontakt. 51,5 % der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner würden die Wahl durch die Beschäftigten vorziehen. Nur 7,2 % der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner hielten die derzeitige Aufteilung zwischen Gleichstellungsbeauftragten und Ansprechpartnern für nicht sachgerecht, bei den Gleichstellungsbeauftragten seien es 6,1 % und bei den Dienststellen 2,9 %.

Nur 3,7 % der Ansprechpartnerinnen bzw. Ansprechpartner wünschten ähnliche Befugnisse wie die Gleichstellungsbeauftragten. 76,4 % aller Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner seien mit ihrer derzeitigen Freistellungsregelung zufrieden, obwohl nur 24 angegeben hätten, dass sie tatsächlich dienstlich entlastet worden seien.

91,1 % der Bezirke, Landkreise und kreisfreien Gemeinden, 43,7 % der Dienststellen des Freistaates, 63,6 % der Stellen des mittelbaren Staatsbereichs wie Sparkassen, Kammern etc. und 0,7 % der kreisangehörigen Gemeinden hätten angegeben, dass an ihrer Dienststelle ein Gleichstellungskonzept in Kraft getreten sei. In diesen Zahlen seien jedoch alle Dienststellen enthalten, also auch die, welche nicht zur Erstellung eines Gleichstellungskonzepts verpflichtet seien.

Trotz Verpflichtung hätten acht Landkreise und kreisfreie Gemeinden sowie 24 Stellen des mittelbaren Staatsbereichs kein Gleichstellungskonzept. Dies müsse abgestellt werden. Nur 69,9 % der Dienststellen (Dienststellen ohne Kommunen) hätten ein erforderliches zweites Gleichstellungskonzept.

Lediglich 2,2 % aller Dienststellen hätten angegeben, bei der Umsetzung des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes Schwierigkeiten gehabt zu haben. Im ersten Bericht seien es 7,9 % gewesen.

Abschließend sei festzuhalten, dass sich das Bayerische Gleichstellungsgesetz bewährt habe und mit ihm die gesetzten Ziele im öffentlichen Dienst erreicht werden könnten. Es bedürfe keines Zwangs und keiner detaillierten Vorgaben oder Quoten. Durch Konfrontation seien keine Verbesserungen zu erreichen. Mit dem Bayerischen Gleichstellungsgesetz sei ein gesellschaftlicher Bewusstseinswandel eingeleitet worden. Der Weg der Kooperation zwischen Gleichstellungsbeauftragten, Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern und Dienststellen müsse weiterverfolgt werden.

Kritisch zu bewerten sei, dass Teilzeitbeschäftigte schlechter als Vollzeitbeschäftigte beurteilt würden. Das Prinzip der geschlechtersensiblen Sichtweise müsse insbesondere im Beurteilungssystem Platz greifen.

Defizite gebe es zwar im Vollzug, nicht aber im Gesetz. Die Staatsregierung beabsichtige, an alle Dienststellen und Einrichtungen heranzutreten und auf die aufgetretenen Vollzugsdefizite aufmerksam zu machen. Dabei sollten die Aktualisierung der Gleichstellungskonzepte, die Ausschreibung von Stellen für Gleichstellungsbeauftragte und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die Vertretung der Gleichstellungsbeauftragten, die stärkere Einbindung von Gleichstellungsbeauftragten bei personellen Maßnahmen, die frühzeitige Beteiligung und Information der Gleichstellungsbeauftragten und Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, die Weisungsfreiheit, die Beurteilung, die Berücksichtigung der sozialen Kompetenzen bei der Wiedereingliederung und die Ausgestaltung von Stellenausschreibungen angesprochen werden. Neben den Dienststellen sollten auch die Personalvertretungen aufgerufen werden, die vertrauensvolle Zusammenarbeit weiter auszubauen. Gleichzeitig seien die Gleichstellungsbeauftragten und die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner aufgefordert, ihre Möglichkeiten noch stärker als bisher einzubringen.

Abg. Christa Naaß (SPD) moniert, dass das Bayerische Gleichstellungsgesetz bisher nicht in der Weise umgesetzt worden sei, wie es vom Landtag beabsichtigt gewesen sei. Die Gleichstellung erziele nur langsam Fortschritte.

Was den Zeitpunkt des Berichts betreffe, so habe die SPD-Fraktion schon am 6. März einen Antrag gestellt, damit frühzeitig Vorbereitungen getroffen würden, um das Parlament zu informieren. Leider sei im Oktober 2002 nur ein Zwischenbericht gegeben worden.

Bedauerlich sei es, dass man 95 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts und 54 Jahre nach der Aufnahme des Gleichberechtigungsartikels in das Grundgesetz immer noch über die gleichberechtigte Teilnahme von Frauen und Männern im Erwerbsleben diskutieren müsse. August Bebel habe vor 125 Jahren geschrieben, dass er sich die Zukunft der Frau wie folgt vorstelle:

Die Frau steht als Freie und Gleiche dem Mann gegenüber, sie ist Herrin ihrer eigenen Geschicke, sie ist weder sozial noch finanziell von dem Manne abhängig.

Sie, Frau Naaß, hätte sich gewünscht, dass die Staatsregierung den Bericht im Jahr 2002 fristgerecht vorgelegt und eine kritische Analyse der Situation geliefert hätte.

Am 11.10.2001 sei das Bundesgleichstellungsgesetz verabschiedet worden, welches das alte Gesetz aus dem Jahre 1994 abgelöst habe. Eine breite Mehrheit des Deutschen Bundestags habe anerkannt, dass das neue Bundesgleichstellungsgesetz ein Gesetz darstelle, welches wirksam sei, längst überfällig gewesen sei und die Position der Frauenbeauftragten durch ein wirksames Einspruchs- und Klagerecht stärke. Nach dem Gesetz müssten die Vorgaben in den Gleichstellungsplänen konkreter und verbindlicher ausgestaltet werden. Beim Stellenabbau sei zu gewährleisten, dass der Frauenanteil mindestens gleich bleibe. Die CDU/CSU-Opposition im Deutschen Bundestag habe diesem Gesetz zugestimmt und betont, dass der öffentliche Dienst damit seiner Vorbildfunktion gerecht werde. Angesichts dieser Aussage stelle sich die Frage, warum sich die CSU und die Staatsregierung in Bayern seit Jahren weigere, im Bayerischen Gleichstellungsgesetz Verbesserungen vorzunehmen und Sanktionen einzuführen, Vorgaben zu machen und mehr Mitwirkung zuzulassen.

Anzuerkennen sei, dass der jetzige Bericht aufgrund der verbreiterten Datenbasis detailliertere Aussagen und Schlussfolgerungen erlaube. Der Bericht zeige aber auch deutliche Schwachstellen des Gesetzes auf. Trotz der Schwachstellen des Gesetzes bauten die Staatsregierung und die CSU immer noch auf Freiwilligkeit und die Akzeptanz des Gedankens der Gleichstellung. Wenn man lediglich auf Freiwilligkeit und Akzeptanz setze, dann müsse man in Kauf nehmen, dass die Gleichstellung nur im Schneckentempo Fortschritte mache.

Die von der Staatsregierung beabsichtigte Arbeitshilfe zur Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes werde zwar von den Gleichstellungsbeauftragten geschätzt, sie stellten jedoch auch fest, dass diese Arbeitshilfe keine Rechtskraft habe und sie sich nicht auf die Arbeitshilfe zur Durchsetzung ihrer Forderungen beziehen könnten.

In dem Bericht werde ausgeführt, dass eine Vertretungsregelung nur in 52,8 % der Dienststellen gegeben sei, dass die Fortbildungsmöglichkeiten verbessert und die Vernetzung der Gleichstellungsbeauftragten und der Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner ausgebaut werden müssten. Auf den Seiten 84 bis 86 des Berichts seien ausreichende Gründe aufgeführt, um zu dem Schluss zu kommen, das Gesetz zu novellieren. Die Staatsregierung sei der Meinung, dass die Defizite auf Mängeln im Vollzug beruhten, jedoch nicht im Gesetz begründet seien. Die SPD vertrete die Auffassung, dass die Umsetzung des Gesetzes leichter wäre, wenn das Gesetz anders formuliert wäre und Sanktionsmöglichkeiten böte. Nicht akzeptabel sei es, dass acht Landkreise und 24 Stellen des mittelbaren Staatsbereichs kein Gleichstellungskonzept hätten, obwohl dies gesetzlich vorgeschrieben sei.

Der Frauenanteil im öffentlichen Dienst habe sich von 46,4 % im Juni 1999 auf 47,1 % erhöht. Dies zeige, wie langsam der Fortschritt in diesem Bereich sei. Warum sei im Bericht von 1999 der Frauenanteil ohne Beurlaubte angegeben worden?

Bei den Beamten und Richtern sei der Frauenanteil von 37,5 % auf 39,6 % gestiegen, während bei den Angestellten der Frauenanteil von 61,4 auf 59,7 % gesunken sei. Liege dies am Stellenabbau, der überwiegend bei Angestellten und Arbeitnehmern vorgenommen worden sei? Im Bundesgleichstellungsgesetz sei die Vorgabe enthalten, dass trotz Stellenabbaus der Frauenanteil nicht sinke.

Frauen seien in den höheren Besoldungs- und Vergütungsgruppen nach wie vor unterrepräsentiert. Je höher das Einkommen, desto geringer sei der Frauenanteil. Wie seien die Leitungsstellen definiert?

Der Anteil von Frauen an Teilzeitbeschäftigten sei auf 86,6 % gestiegen. Die Elternzeit von Männern liege bei nur 2 %. Ebenso liege der Anteil der Männer bei den Teilzeitbeschäftigten bei nur 15 %, wobei wiederum der Großteil Altersteilzeit wahrnehme. Sie, Frau Naaß, bitte darum, beim nächsten Bericht die Zahlen so aufzubereiten, dass klar hervorgehe, wie viele Männer bereit seien, in Teilzeit zu arbeiten, um Familienpflichten zu erfüllen.

Was die Besetzung von Gremien betreffe, so sei als Antwort auf eine Anfrage von Frau Abg. Dr. Kronawitter ausgesagt worden, dass der Anteil der Frauen bei den vom Freistaat Bayern zu besetzenden Gremien nur 13,1 % betrage. Auch in diesem Bereich müsse noch mehr getan werden.

Abg. Petra Münzel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bemängelt ebenfalls, dass Fortschritte bei der Gleichstellung von Frauen und Männern nur langsam erzielt würden. Es sei nach wie vor festzustellen, dass der Anteil der Frauen in den höheren Gehaltsgruppen sehr niedrig sei. Dies sei ein Skandal, wenn man bedenke, dass Frauen besser als Männer ausgebildet seien. Auf Seite 22 des Berichts heiße es:

70 % aller Dienststellen haben im Berichtszeitraum Stellenbesetzungen vorgenommen (1999 rd. 50 %), insgesamt waren es 26 435 Stellenbesetzungen im gehobenen und höheren Dienst. Davon wurden 11 926 Stellen (45,1 %) mit Frauen besetzt. Der Frauenanteil bei der Besetzung von Führungspositionen (des gehobenen und höheren Dienstes) betrug 23,6 % (2262 von insgesamt 9596).

Wenn man die Kenntnisse und die Ausbildung von Frauen betrachte, dann sei es nicht zu rechtfertigen, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen des gehobenen und höheren Dienstes noch nicht einmal 50 % betrage. Dies könne nicht an der mangelnden Qualifikation der Frauen liegen. Eine Ursache sei sicher, dass im Gleichstellungsgesetz keine Sanktionen vorgesehen seien. Ein weiterer Grund sei, dass nirgendwo die Quote von 50 % vorgeschrieben sei, sondern immer nur die Rede davon sei, den Anteil der Frauen dort zu erhöhen, wo sie unterrepräsentiert seien. Es sei unabdingbar, dass die 50-Prozent-Quote eingeführt werde und Frauen bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt würden, bis der Anteil von 50 % erreicht sei.

Familie und Haushalt seien immer noch die Domäne der Frauen. Dies werde im Gleichstellungsbericht anhand der Zahlen zur Teilzeitarbeit und Elternarbeit deutlich. Der Anteil der Männer, die sich für Teilzeitarbeit entschieden, sei nach wie vor sehr gering und betreffe hauptsächlich die Altersteilzeit. Das bedeute, dass die Männer erst dann auf einen Teil ihres Einkommens durch Teilzeitarbeit verzichteten, wenn die Kinder aus dem Haus seien und die Männer sich nicht mehr in der Familienarbeit engagieren müssten. Kaum ein Mann entscheide sich für Elternteilzeit. Die Quote liege unter 2 %.

Unverständlich sei, dass gesetzliche Bestimmungen nicht eingehalten würden. So seien Stellen nicht als teilzeitfähig ausgeschrieben gewesen, wo sie es de facto gewesen seien, Frauen seien nicht ausdrücklich zur Bewerbung aufgefordert worden, und Stellenausschreibungen seien so formuliert gewesen, dass von vornherein nur männliche Bewerber in Frage gekommen seien. Ferner gebe es Dienststellen bzw. Kommunen, die kein Gleichstellungskonzept erstellt hätten, und Gleichstellungsbeauftragte würden nicht rechtzeitig bei relevanten Vorhaben beteiligt. Die Staatsregierung treffe keine Maßnahmen, um den Vollzug des Gesetzes wirkungsvoll durchzusetzen. Wer sich nicht an das Gesetz halte, habe keine Konsequenzen zu fürchten. In Zukunft müssten Verstöße gegen das Gleichstellungsgesetz geahndet werden.

Die schwammigen Begriffe im Gesetz wie zum Beispiel "unterrepräsentiert", die fehlende Quotenregelung und die fehlenden Sanktionen bei Gesetzesverstößen seien ein Grund dafür, dass keine Fortschritte erzielt würden.

Ein weiterer Kritikpunkt sei die mangelnde Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalangelegenheiten oder Vorstellungsgesprächen. Gemäß Artikel 18 Absatz 3 könnten Betroffene die Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten bei Personalangelegenheiten beantragen. 54 % der Gleichstellungsbeauftragten gäben an, dass sie nicht beteiligt worden seien, weil kein entsprechender Antrag gestellt worden sei. Dies sei nicht verwunderlich, weil die Forderung nach Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten einem Bewerber negativ ausgelegt würde. Daher sollten die Frauenbeauftragten bei Personalangelegenheiten immer eingeschaltet würden. Sollten diesbezüglich datenschutzrechtliche Bedenken bestehen, so rege sie, Frau Münzel, an, zusammen mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz nach geeigneten Lösungen zu suchen.

Zusammenfassend sei zu sagen, dass das Gesetz eine ganze Reihe von Schwächen habe, die die optimale Förderung der Gleichstellung von Männern und Frauen behinderten. Offenbar sehe auch die Staatsregierung Handlungsbedarf, es fehle aber eine Strategie, wie auf die vorhandenen Mängel reagiert werden könne. Ein hervorragendes Instrument, um Führungspositionen für Frauen attraktiv zu machen, sei das Mentorring, das verstärkt angewandt werden sollte. Wünschenswert wäre es, wenn eine Kampagne "Elternteilzeit und Männer" initiiert würde, um bei den Männern einen Bewusstseinswandel zu erreichen.

Abg. Ingeborg Pongratz (CSU) weist darauf hin, dass nicht immer genügend Frauen für Leitungspositionen zur Verfügung stünden, der Bericht aber zeige, dass Fortschritte erzielt würden.

Erfreulich sei, dass die Gleichstellungsbeauftragten und Ansprechpartner und Ansprechpartnerinnen mit ihrer Arbeit überwiegend zufrieden seien und diese Arbeit anerkannt werde.

Sei geplant, bei der nächsten Fragebogenaktion Formulierungen im Fragebogen zu ändern oder zu ergänzen?

Abg. Ludwig Wörner (SPD) macht darauf aufmerksam, dass insbesondere bei der Polizei die Beurteilungen für Teilzeitbeschäftigte um bis zu 4 Stufen schlechter als die Beurteilungen für Vollzeitbeschäftigte ausfielen. Dem müsse massiv entgegengewirkt werden.

Wichtig sei, dass die Gleichstellungsbeauftragten zu Personalratssitzungen geladen würden, weil dort Personalangelegenheiten besprochen und Entscheidungen getroffen würden.

Es müsse hinterfragt werden, warum die ernannten Gleichstellungsbeauftragten sich dagegen aussprächen, dass Gleichstellungsbeauftragte gewählt würden.

Tatsache sei, dass Schwangerschaften und Erziehungszeiten sich nachteilig auf die Beförderung auswirkten. In diesem Zusammenhang sei auch die jüngst beschlossene Absenkung der Beihilfe bei Krankenhausaufenthalten zu erwähnen. Diese stelle eine besonders schwere Benachteiligung für schwangere Frauen dar, sei familienfeindlich und frauenfeindlich.

Abg. Joachim Unterländer (CSU) betont, dass die CSU zur Erlangung der Gleichberechtigung auf Freiwilligkeit und gesellschaftliches Umdenken setze.

Die Defizite im Vollzug des Gleichstellungsgesetzes zeigten, dass es einer verstärkten Fort- und Weiterbildung in den Dienststellen bedürfe. Die besondere Schulung müsse sich auch darauf erstrecken, dass mit den Beschäftigten, die in Elternteilzeit seien, weiterhin Kontakt gehalten werde, damit diese sich später wieder gut in den Dienst integrieren könnten.

Wenn man flexible Arbeitszeitmodelle wolle und Teilzeitarbeit propagiere, dann dürften den Beschäftigten daraus keine Nachteile erwachsen. Vielmehr müssten Anreize gegeben werden, dass die flexiblen Arbeitszeitmodelle wahrgenommen würden.

Vergleiche man den öffentlichen Dienst mit der Privatwirtschaft, so sei festzustellen, dass die Entwicklung der Gleichstellung im öffentlichen Dienst weiter gediehen sei. Daher solle überlegt werden, ob bei Gesprächen mit Arbeitgebern die positiven Erkenntnisse aus dem Gleichstellungsprozess in der öffentlichen Verwaltung von der privaten Wirtschaft aufgegriffen werden könnten.

Abg. Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU) weist darauf hin, dass momentan die Beurteilungsrichtlinien geändert würden. Gebe es vor dem Hintergrund der Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes Hinweise, in welcher Form die Beurteilungsrichtlinien geändert werden müssten? Welche Möglichkeiten gebe es, auch im Hinblick auf die Beförderung Anreize zu geben, Teilzeitarbeit wahrzunehmen?

Staatsministerin Christa Stewens (Sozialministerium) erklärt, dass die sozialen Kompetenzen stärker in die Beurteilungskriterien Eingang finden müssten. Richtig sei, dass Frauen in der schulischen und universitären Ausbildung besser als Männer abschnitten, jedoch im Berufsleben nicht dasselbe Einkommen wie Männer erzielten.

Im Sozialministerium sei festzustellen, dass sich auf ausgeschriebene Stellen nicht immer Frauen bewürben, obwohl qualifizierte Frauen vorhanden seien. Deshalb müssten Frauen verstärkt motiviert werden, sich zu bewerben. Frauen legten im Allgemeinen auf die Karriere nicht so viel Wert wie beispielsweise auf finanzielle Unabhängigkeit und eine intakte Familie.

Um der Situation der Frauen gerecht zu werden, bedürfe es einer qualitativ guten Kinderbetreuung.

Die geschlechtersensible Sichtweise müsse in allen Bereichen durchgesetzt werden. Hätte man das Gender Mainstreaming bei den Beschlüssen zur Beihilferegelung, die von Abg. Wörner angesprochen worden seien, beachtet, hätten diese anders ausfallen müssen. Sie, Frau Staatssekretärin Stewens, werde dies gegenüber dem Finanzminister ansprechen.

Vorsitzender Prof. Dr. Walter Eykmann (CSU) fragt nach, ob die Sozialministerin das Thema der Beihilfe im Kabinett oder an anderer Stelle noch einmal zur Diskussion stellen werde.

Staatsministerin Christa Stewens (Sozialministerium) antwortet, dass ihr Ressort das Finanzministerium schon darauf aufmerksam gemacht habe, dass die neue Regelung sowohl für Behinderte als auch für Frauen problematisch sei. Es sei jedoch unwahrscheinlich, dass es gelingen werde, die Beihilferegelung noch zu ändern. Wenn jedoch Gender Mainstreaming in allen Bereichen durchgeführt werden solle, dann müsse dies auch die Beihilfe umfassen.

Was die Aktualität des Berichts betreffe, so müsse darauf hingewiesen werden, dass die Daten des Landesamts für Statistik sehr spät an das Sozialministerium übermittelt würden, sodass der Bericht nicht die neuesten Entwicklungen berücksichtigen könne.

Bayern brauche sich mit seinem Gleichstellungsgesetz nicht zu verstecken, auch wenn keine Sanktionen oder starre Quoten vorgegeben seien.

Eine Führungsposition sei dann gegeben, wenn die Leitung eines bedeutenden Aufgabengebiets wahrgenommen werde.

Abg. Christa Naaß (SPD) weist darauf hin, dass im letzten Bericht alle in A 14 eingruppierten Personen zu der Gruppe gezählt worden seien, die Führungspositionen innehätten. Dies bedeute, dass an den Schulen Oberstudienrätinnen, die nach A 14 bezahlt würden, in die Statistik der Führungspositionen eingingen.

Staatssekretärin Christa Stewens (Sozialministerium) erläutert, dass dies nicht mehr der Fall sei. Jetzt würden nur diejenigen Personen eingerechnet, die tatsächlich Führungsfunktionen ausübten und Aufgaben der Koordination, Leitung oder Überwachung wahrnähmen.

Der Datenschutzbeauftragte sei bei der Erstellung des Gesetzes beteiligt worden. Die Anregung, den Datenschutzbeauftragten im Zusammenhang mit dem 3. Bericht noch einmal anzuhören, werde aufgenommen. Dasselbe gelte für die Anregung von Abg. Wörner, die Gleichstellungsbeauftragten zu den Personalratssitzungen zu laden.

Es würden Gespräche mit der Wirtschaft über Gleichstellungsfragen geführt, dennoch sei es wichtig, diese Themen immer wieder in Gesprächskreisen und Diskussionsforen anzusprechen. Die Gesellschaft müsse jedoch insgesamt ihr Bewusstsein schärfen, damit die Gleichstellung von Männern und Frauen erreicht werden könne.

***

 


wieder nach oben